Hitzestress beginnt für Kühe schon ab einer Außentemperatur von etwa 20 °C. Die Kühe haben Probleme, die überschüssige Wärme durch Atmen und Schwitzen aus dem Stoffwechselprozess abzugeben. Hochleistende Kühe und die Transitkühe sind hiervon besonders betroffen. Denn sie haben durch die höhere Leistung bzw. durch die Trächtigkeit einen aktiveren Stoffwechsel, produzieren also mehr Eigenwärme.
Die Folgen: Die Kühe bewegen sich weniger und fressen weniger und kürzer, die Wiederkauaktivität sinkt und die Milchleistung und Milchinhaltsstoffe fallen ab.
Die gute Nachricht: Hitzestress kann man durch einfache Maßnahmen vorbeugen. Welche dies sind und was besonders zu beachten ist, finden Sie in dieser Praxis-Reportage.
Am nördlichen Rand des Ruhrgebietes, in der Gemeinde Hünxe, liegt der Betrieb von Familie Schulze Hockenbeck. Auf dem Betrieb stehen um die 170 Milchkühe und etwa 120 Jungtiere als Nachzucht.
2014 erfolgte die Umstellung auf ein automatisches Melksystem mit einem 3-Boxen-System, dem MIOne von der Firma GEA. Aktuell liegt die durchschnittliche Milchleistung bei etwa 36 Litern pro Kuh und Tag. Im gleitenden Herdendurchschnitt liegt die Leistung bei etwa 10.200 Liter mit 3,87 % Fett und 3,29 % Eiweiß pro Kuh. Für die Grundfutterversorgung bewirtschaftet Dirk Schulze Hockenbeck, zusammen mit seiner Familie und einem Auszubildenden, etwa 50 ha Grünland und 60 ha Ackerland zum Maisanbau. Insgesamt stehen dem Betrieb 134 ha zur Verfügung.
Mit ansteigenden Temperaturen bemerkte der Landwirt, dass die Tiere weniger Milch gaben. "In weniger als einer Woche, ging die Milchleistung um 3 – 4 Liter je Kuh schlagartig runter", so Dirk Schulze Hockenbeck. Den Tieren war der Stress, verursacht durch die Hitze, sofort anzumerken, die Kühe hechelten und auch die Fruchtbarkeit der Tiere machte Probleme. Es war klar – es muss sich etwas ändern, denn die Vergangenheit hat gezeigt, die Sommer werden immer wärmer und die Hitze geht zu Lasten der Tiergesundheit.
2017 machte sich der Landwirt auf die Suche nach einer geeigneten Möglichkeit, den Tieren langfristig eine Abkühlung zu verschaffen. Die Entscheidung fiel schlussendlich auf in Reihe angeordnete Axial-Ventilatoren in Kombination mit einer Sprinkleranlage. Seither findet man sowohl im Boxenlaufstall der laktierenden Kühe, als auch im Jungvieh-/Transitionsbereich, ausreichend Ventilatoren zur unterstützenden Belüftung der Ställe und Abkühlung der Tiere. Die Sprinkleranlage ist für die laktierende Herde zugänglich. Dabei entschied sich der Landwirt bewusst gegen automatisch einschaltende Ventilatoren, „ich gehe jeden Tag durch meinen Stall und beobachte meine Tiere, mit der Zeit entwickelt man ein Gefühl dafür, wann den Tieren zu warm wird“, so Dirk Schulze Hockenbeck. Die sieben Ventilatoren im Boxenlaufstall hängen im 15 Meter-Abstand oberhalb der Liegeboxen und spenden den Kühen ausreichend Abkühlung.
Das i-Tüpfelchen bieten drei kleine Ventilatoren am AMS, so werden die Tiere auch während des Melkens ausreichend gekühlt. An sehr heißen Tagen ist die Belastung für die Tiere trotz Belüftung dennoch hoch. Die Sprinkleranlage wird im Hochsommer ab einer Außentemperatur von etwa 30 °C dazu geschaltet, dies bietet den Tieren eine optimale Abkühlung und das beweist auch der Blick in den Milchtank!
Dirk Schulze Hockenbeck fasst zusammen: „Durch diese Maßnahmen spüre ich in Zeiten ansteigender Temperaturen keinerlei Verluste, die Milch kommt weiterhin und ich kann auch weiter durch besamen. Die Investition in die Lüftungstechnik hat sich durch den Erhalt der Milchleistung und Kuhgesundheit schnell bezahlt gemacht." Die Sprinkleranlage hat auch einen weiteren positiven Nebeneffekt, denn auch die Spalten werden durch die Tröpfchenbewässerung befeuchtet. Dadurch kann der Spaltenschieber ohne Probleme weiterlaufen, was in der Vergangenheit oft nicht der Fall war, da durch die Hitze auch die Spaltenoberfläche austrockneten.
Christoph Holloh, Spezialberater Rind bei ForFarmers Thesing, hat diesen Entscheidungsprozess von Anfang an mit begleitet und ist froh, dass Landwirt Schulze Hockenbeck sich für diese Investitionen entschieden hat. Kühe, die durch Hitze in ein Leistungstief fallen, haben es sehr schwer wieder auf das Normalniveau zu kommen. „Es kann Monate dauern bis die Tiere sich wieder erholt haben“, so Christoph.
Die produzierte Milch wird an die Molkerei Moers Frischewerke geliefert. Das besondere hierbei ist die Art der Klassifizierung dieser Milch. Familie Schulze Hockenbeck erzeugt die Milch nach den Richtlinien des Tierwohllabels des deutschen Tierschutzbundes, Premiumstufe 2 Sterne. Besonderes Merkmale für diese Klassifizierung ist der ganzjährige Zugang zu einem Laufhof und der saisonale Weidegang. Auch eine Sedierung vor dem Enthornen, samt einer lokalen Betäubung und Schmerzmittelgabe, und einer jährlich verpflichtenden Klauenpflege, sind Bestandteile dieser Klassifizierung. Dazu kommt die Dokumentation sämtlicher Maßnahmen. Dieser Mehraufwand der teilnehmenden Betriebe, wird angemessen vergütet.
Für Dirk Schulze Hockenbeck ist im Sommer vor allem eines sehr wichtig: Das Silomanagement! Ein Tipp vom Landwirt ist, bei hohen Außentemperaturen nicht mehr als für zwei Tage die Silos abzudecken, um eine Nacherwärmung zu verhindern. Dazu sollte man das Grundfutter immer wieder prüfen und warmes Futter entsorgen. Saubere Abschnittkanten helfen, die Qualität des Grundfutters aufrecht zu halten. Auch lockere Reste sind in den meisten Fällen nicht mehr zur Fütterung geeignet.
Zusätzlich wird auf dem Betrieb das TMR Stabil eingesetzt, dieses Produkt enthält Sorbinsäure, es schützt die gemischten Silagen vor Nacherwärmung und hält diese stabil. Dadurch, dass es sich um ein trockenes Produkt handelt, ist auch die Handhabung sehr einfach.
All diese Maßnahmen helfen den Tieren gesund durch die Sommerhitze zu kommen. Wichtig ist, auf die Signale der Tiere zu achten und schon bei frühlingshaften Temperaturen durch die Herde zu gehen, um die Tiere zu beobachten. Denn ist die Milchleistung erstmal im Keller, kann es sehr lange dauern, bis man wieder auf das Niveau vor dem Hitzestress kommt.
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